- 2888 - 1306. April 9. Ratibor. quinto yd. Apr. Premizlius, Herzog von Ratibor, verleiht den Schwestern, welche unter der Obhut der Brüder vom Predigerorden sind, einen Platz innerhalb der Mauern der Stadt Ratibor nächst dem Thore, welches nach St. Nikolaus führt, sich erstreckend in der Breite von demselben Thore bis zu dem Oderufer, an welchem die Stadtmauer liegt, in der Länge aber von jenem Thore in der Richtung auf die Jakobskirche zu 116 Ellen (No. 7 u. 8, im Abdrucke No. IX. u. XI. fügen hier noch bei: d. h. bis zur Hälfte der Hofstätte des Herrn Stephan weiland Archidiakons von Oppeln, welche er selbst während seines Lebens selbigen Schwestern überwies) concedentes eis, si tempore procedente contra suam aream aliqua edificia vellent construere super aquam, liberam habeant facultatem. Und dieser Platz soll ganz den Schwestern gehören bis auf die Strasse zwischen dem Bauplatze des Klosters und den städtischen Gebäuden und frei sein von allen Lasten und Diensten sowohl dem Landesherrn wie der Stadt gegenüber und in höherem Grade als andere Klöster des Herzogthums tum racione fragilis sexus tum racione filie nostre, quam ibi disponimus collocare (Prinzessin Ofca oder Euphemia vgl. Cod. dipl. Siles. II. Einl. XX). Indem der Herzog diesen Ort als Mitgift seiner Tochter besonders begnadet, setzt er fest, dass wer immer die Umfriedungen des Klosters gewaltsam überschreitend eine schwere Belästigung oder eine Unziemlichkeit sich zu schulden kommen lässt oder daselbst Blut vergiesst, dem Herzoge 10 Mark (in No. 5, Abdruck No. IX. 30 M.) und der Stadt 10 Mark (in No. 5, Abdr. No. IX. wird die Stadt gar nicht erwähnt) Busse zahlen und ausserdem noch den Schwestern Genugthuung leisten soll und im Unvermögensfalle je nach der Beschaffenheit des Excesses härter gezüchtigt werden soll (pena carcerali fügt No. 5, Abdr. IX. hinzu). Ferner sollen die Landesherren darüber wachen, dass nicht in den dem Kloster nahen Gaststätten Ungebührlichkeiten vorfallen, und dass aus der Nachbarschaft verdächtige Personen weggeschafft werden, welches Standes und Geschlechtes sie immer seien. Auch soll aus Schicklichkeitsrücksicht und wegen der Enge des Weges zwischen dem Kloster und der Stadtmauer weder Weg noch Durchgang sein, sondern das Kloster auf dieser Seite an die Stadtmauer stossen. Der Herzog schenkt ferner dem Kloster das Erbgut genannt Ottonis villa vulgariter autem Ocyci oder Ottyndorf (Ottitz) gelegen in Gola (im freien Felde in piano alias na Goli sagt eine Urk. des XV. Jahrh. im Cod. dipl Siles. II. XXV. vgl. auch Potthast Gesch. von Rauden 200; die Worte in Gola fehlen in No. 7 Abdr. XI.) bei Ratibor auf Troppau zu, mit herzoglichem Rechte und voller Freiheit von allen Diensten und Lasten (ab omni genere solucionis tributorum, vectigalium, collectarum, exaccionum vaccarum, porcorum, a fossione vallorum, municione ac plantacione civitatum et castrorum), auch bei Kriegszügen von Kosten oder Wagenstellung. Auch soll das Kloster deutsches Recht und eigenes Gericht haben in bonis habitis et habendis, und wenn ein Dieb auf deu Stiftsgütern ergriffen wird, soll er dem Landgerichte und der gewöhnlichen Strafe verfallen, sein Besitz aber dem Kloster zufallen und ebenso bei der Busse für Tödtung eines Menschen, so dass in diesen und allen andern Sachen die Stiftsgüter vom Kastellan und Landrichter ganz eximirt sind. Ferner schenkt der Herzog dem Kloster die sogenannte Cuno-Mühle an der Oder in der Neustadt, einen Bogenschuss aufwärts von der Brücke (contra aquam) mit 4 Rädern oder mehreren, wenn das angeht. (Bezttgl. dieser Mühle und möglicherweise auch bezügl. des Gutes Ottitz fügen hier No. 5 u. 7 im Abdr. No. IX. u. XI. noch Folgendes hinzu: er habe bereits i. J. 1299 am 1. Okt. zur Zeit eines Provinzialkapitels im Refectorium der Dominikaner vor dem Essen in Gegenwart vieler Personen auch aus dem Laienstande durch seinen Protonotar den Herrn Joh. diese Schenkung öffentlich bekannt machen lassen und zum Zeichen dessen seine Kopfbedeckung capucium dem Provinzial-Bruder Sdyzlaus gereicht, der dies namens der Schwestern entgegen genommen habe, ohne dass irgend welcher Einspruch erfolgt sei, Reg. 2566). Ferner schenkt der Herzog dem Kloster noch eine andere Mühle in derselben Neustadt gelegen in aque ductu prope fossatum antique civitatis mit 2 oder mehr Rädern et addimus structuras per totam aquam ad utrumque litus, vias, areas et ortos ad molendina competentes. Es soll auch keine andre Mühle noch eine structura (Wehr?) oberhalb noch unterhalb gemacht werden, durch welche die Mühlen gehindert werden könnten, noch ein Wasserlauf zum Nachtheil der Mühlen. Und weun einmal das Wasser die Plätze der Mühlen so zerstörte, dass sie dort nicht bleiben könnten, dürfen sich die Schwestern nach einem andern Orte oberoder unterhalb ziehn, doch ohne dass dabei Andern schwerer Schaden geschähe. Und diese Mühlen sollen vollkommene Freiheit geniessen. Zur Ausbesserung der Fischteiche dürfen die Nonnen in den benachbarten herzoglichen Wäldern Faschinen schneiden und jährlich 4 Mühlsteine in den Bergen (bei Rybnik, fügt Welzel Gesch. v. Ratibor 2. Aufl. 814 zu) brechen. Der Herzog schenkt ihnen auch ferner 4 herzogl. Fleischbänke in Ratibor, gelegen am Ende der Fleischbänke gegen die Strasse zu, auf welcher das Getreide verkauft wird, desgl. auch 2 herzogl. Brotbänke oder Tische in fine versus eandem partem. (Dieser letzte Absatz fehlt in Urk. 5 u. 7 im Abdr. IX. u. XI.) Weitere dem Kloster geschenkte oder von diesem erkaufte Güter sollen gleicher Freiheit geniessen. Auch sollen die Nonnen auf der Oder (quantum ad nos pertinet) frei zwei Fischer ansetzen dürfen zum Besten ihres Tisches (wiederum übereinstimmend in allen drei Urkunden). Der Herzog beschwört seine Miterben und Vasallen bei der Gnade Jesu Christi, diese seine letzwilligen Bestimmungen nicht zu hindern, sondern eher zu fördern. Wer dem zuwider handelt, wird am Tage des Gerichts mit dem Verräther Judas der göttlichen Rache verfallen. Das Kloster soll als Patrone verehren den heil. Geist, St. Michael, die Apostel Peter und Paul, Johannes den Evangelisten, die II. Anna und Agnes. (Dieser Absatz fehlt in den beiden andern Urk.). Z.: Herr Johann, Pfarrer von Wladyzlavia (Loslau - in den andern beiden Urk. wird dieser Johann nur als Hofprokurator bezeichnet), Mag. Johann der Arzt, die Herren Ritter Stoygnev Kastellan v. Ratibor, Thomas Landrichter, Rudger de Griva, Jakob de Langa, Velyzlaus (in den and. beid. Urk. mit W), Bedricus Vogt von Zar (Sohrau - in Abdr. IX. heisst er Bedrichus, in XI. Fredricus), Herr Rychelwus de Psiow (Rycholphus de Psow in XI. fehlt in unsrer Vorlage) und die Herren Bürger von Ratibor die Vögte Thylo und Johann, Janusius Macyconis, Hermann Ysoldi, Ludwig und dessen Bruder Thilo (der Letztere fehlt in IX.) und die domicelli (im Abdr. IX. und XI. stehen dieselben den Bürgern voraus) Wrocyzlaus (Wroczlaus in IX.) Sohn des Dobesius (fehlt in IX. u. XI.), Egid. v. Dubinsko (Dubensco, Dabinsco in IX. u. XI.), Hymramm (Ymramm in IX. u. XI.) Sohn des Richters Thomas (fehlt in IX.), Nikolaus Sohn des Gaulus (fehlt in IX. u. XI.) Aus dem Or. im Bresl. Staatsarch. Jgfr. z. Ratibor 6, abgedr. v. Wattenbach im Cod. dipl. Sil. II, 114 No. X. In demselben Werke sind noch zwei andere Originalausfertigungen des Bresl. Staatsarch. Jgfr. z. Rat. 5 u. 7, die unter einander bis auf geringfügige, vorstehend notirte Abweichungen gleichlautend sind (No. 5 entbehrt des Datums), und auch von der hier vorstehend excerpirten Urk. sich im Wesentlichen nur dadurch unterscheiden, dass sie mit einem Referat über die erste Gründung von 1299 beginnen, und dass gegen das Ende die Schenkung der Verkaufsstätten in Ratibor in ihnen fehlt, auf S. 112 u. 117 des genannten Buches unter No. IX. u. XI. vollständig mitgetheilt. Eine nähere Untersuchung der Urkunden, ihres gegenseitigen Verhältnisses, der vermuthl. Ursachen ihres Nebeneinanderbestehens, womit dann die Prüfung der Echtheit eng zusammenhängen würde, ist bisher weder von dem Herausgeber der Urk. noch von dem Ratiborer Lokalchronisten Dr. Weltzel unternommen worden. Bei einer solchen würden dann auch die merkwürdigen Verhältnisse der Besiegelung zu erörtern sein. An No. 6 u. 7 (No. X. u. XI. des Abdrucks) hängt an rothen Seidenfäden das bekannte Schildsiegel des Herzogs, wie es Pfotenhauer in seinen schles. S. (A. T. VII. No. 47) abgebildet hat, dagegen an No. 5 (No. IX. des Abdrucks) ein sonst ganz unbekanntes Fusssiegel des Herzogs, welches bis auf eine geringfügige Abweichung bei dem Helmschmuck ganz dem nachgebildet ist, das Premislaus 1284 als Herzog von Auschwitz führte (abgebildet bei Vossberg S. des M. A. Taf. 19), natürlich mit entsprechender Aenderung der Umschrift. Das Adlerrücksiegel ist bei allen drei Urk. gleich. Auffallend muss es ja erscheinen, dass hier von demselben Tage verschiedene Urkunden desselben Fürsten mit etwas abweichendem Inhalt und verschieden besiegelt vorliegen, doch verdient es hervorgehoben zu werden, dass gerade das dem Kloster am Meisten zu Gunsten lautende Privileg No. 6 (X. des Abdrucks), welches die in den beiden andern Privilegien fehlenden Ratiborer Verkaufsstätten mit enthält, seinem äusseren Habitus nach am Wenigsten Anlass zu kritischem Zweifel bezüglich seiner Echtheit gewährt, wenn gleich alle drei Urk. von derselben Hand geschrieben zu sein scheinen. Die Hauptsache ist, dass bereits im nächsten Jahre der Nachfolger Premisls Lestko jenes Testament seines Vaters im ganzen Umfange einschliesslich der Ratiborer Verkaufsstätten konfirmirt (vgl. unten 1307 Jan. 22), bei welcher Bestätigung allerdings wiederum derselbe Schreiber thätig gewesen ist. Dass mit diesem Testamente nicht Alles in Ordnung war, ist kaum zu bezweifeln, wie aber die Sachen ihren Verlauf gehabt haben mögen, ist jetzt nicht mehr sicher festzustellen. Codex Diplomaticus Silesiae, Bd. 16, 1892; Regesten zur schlesischen Geschichte, 1301 - 1315. Herausgegeben von C. Grünhagen und C. Wutke. |